Wer sind die Violetten?

Wer sind die Menschen bei den Violetten?

 

Die Violetten sind eine Partei für spirituelle Politik. Sie wurde im Jahr 2001 gegründet und hat sich seitdem kontinuierlich weiter entwickelt. Bei den Bundestags- und Europawahlen erzielte sie 2009 jeweils 0,1% der Stimmen. Wer sind die Menschen dahinter ist eine häufig gestellte Frage. Was bedeutet das „Label“ Spiritualität? Wie verbinden sich die verschiedenen Ansichten miteinander.

Grob gesehen gibt es fünf große Gruppierungen, aus denen sich die Mitwirkenden bilden. Das sind die Anthroposophen, die Lichtarbeiter, die Gemeinschaftsszene, die „Kultur Kreativen“  und die „Oshos“. Daneben gibt es noch viele andere Gruppierungen aus der „Spiriszene“, die aber nicht die Homogenität und Anzahl der oben genannten aufweisen, wie beispielsweise die sich gerade formierenden Veganer. Anhand von den fünf Gruppen lässt sich gut darstellen, was spirituell eingestellte Menschen wollen, wie sie dies in ihrer jeweiligen Gruppe in die Praxis umsetzen und wo sie bisher politisch wirksam geworden sind.

An sich sind diese Gruppierungen relativ unpolitisch. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Spiritualität in den Bereich Religion eingeordnet und im Alltag  normalerweise ausgegrenzt wird. Die „christliche Grundordnung“ Europas erlaubt auch heute wenig Spielraum im politischen Alltag, kaum ein Bundestagsabgeordneter hat eine andere Religion als „christlich“ angegeben, auch wenn dies inzwischen für viele kein Bekenntnis mehr ist. Nur selten liest man in der Zeitung mal etwas über einen „ganzheitlichen Ansatz“ auf einem von Anthroposophen geführten Bauernhof, über ein „Rainbowmeeting“ von mehreren tausend Menschen im Wald, über spirituelle Ausbildungen und Seminare, über Kräuterwanderungen und Vollmondtrommeln. Doch schätzungsweise 5-10% der Menschen in Deutschland haben einen spirituellen Hintergrund.

„Kultur Kreative“ sind eine relativ neue Bewegung, die sich um die Jahrtausendwende gegründet hat und verschiedene Elemente aus der Gemeinschaftsbewegung mit integralen Ansätzen (Ken Wilber), Tiefenökologie (Arne Naess), gewaltfreier Kommunikation (Marshal Rosenberg)  u.ä. verbunden hat. Aus ihnen bildete sich auch der Kern der Menschen, die die Violetten begründet haben. Sprachrohr ist die Zeitschrift „Oya“ (vormals Kurskontakte), die sich selbst aber als unpolitisch empfindet. Auf der Internetseite www.kurskontakte.de sind alle Artikel aus über 10 Jahren gesammelt, ein Refugium integraler, spiritueller und schamanischer Gegenansätze für eine menschenwürdigere Politik.

Sie haben enge Verbindung zur Gemeinschaftsszene, die sich seit den 70er Jahren in Deutschland gebildet hat, angefangen von den Lebensgemeinschaften im ZEGG bei und dem Stamm der Likatier in Füssen. Heute gibt es zahlreiche Gruppierungen, die nicht alle zusammenleben, aber dieselben Rituale pflegen, dieselben Lieder singen, Kommunikationsarbeit betreiben und versuchen, autark zu leben. Das „Forum“ ist eine Urform von Mediationsarbeit, wie sie in Amerika an psychologischen Instituten  entwickelt wurde, zentral für das Selbstverständnis der Gemeinschaftsszene ist die Idee der freien Liebe und der Akzeptanz der Andersartigkeit eines jeden. Stabilität entsteht durch den offenen Austausch und die Bereitschaft, das innerste mit den anderen zu teilen. In vielen Gemeinschaften kann man spontan mitarbeiten und probeweise leben. In Siebenlinden wird das Buch Eurotopia“ herausgegeben, das viele Höfe und Anlaufstellen der Gemeinschaftsszene in Europa (und auch weltweit) verzeichnet.

Die Oshos oder Bhagwans sind den meisten Menschen inzwischen auch durch den Film „Ein Sommer in Orange“ bekannt. Sie haben seit den 70er Jahren neue Formen des Zusammenlebens entwickelt und viele Menschen des öffentlichen Lebens, vor allem Künstler und Musiker  geprägt. In jeder großen Stadt gab es rauchfreie  Barfußdiscos. Ein weltweites Netzwerk von Kommunen bietet Anlaufstellen für „Aussteiger“ und Menschen, die einen anderen Alltag kennenlernen wollen. Zentrum ist Poona in Indien, wo teilweise über eintausend Menschen leben, gemeinsam meditieren, arbeiten und sich selbst erforschen. Von den großen spirituellen Zeitschriften sind folgende durch den Gründer der Bewegung, Bhagwan Sri Rashneesh,  inspiriert: Connection, Visionen, Spuren, Esotera, das Rainbow in Baden Baden und auch das Zentrum Lanzarote. Oshos würden sich selbst selten als politische Menschen beschreiben, haben aber viele humanitäre und soziale Projekte weltweit begleitet. Sie ähneln äußerlich religiösen Gruppen, auch die Namensgebung Sanyasin für Mönch und die orangenen Saris geben diesen Eindruck, doch sind sie nicht konfessionell und offen für alle Religionen.

Weniger in der Öffentlichkeit bekannt sind die Lichtarbeiter. Es ist keine Gruppe, die durch eine Satzung oder eine Statute existieren würde. Trotzdem identifizieren sich viele Menschen mit der Idee, Teil einer kosmischen Matrix zu sein, die durch sie in Form von aufgestiegenen Meistern, Engeln und Erzengeln hindurchwirkt und den Planten stabilisiert. Lichtarbeiter sind überall dort, wo sich Dinge in Frieden neu gründen wollen. Sie meditieren für sich allein und führen in der Natur Erdheilungen durch, ohne dass man sie dabei wahrnimmt. Sie fühlen sich verbunden mit Mutter Erde und wünschen sich eine Politik der Einheit, obwohl sie die Polarität des irdischen (politischen) Daseins sehen. In der Geschichte hat es immer wieder gnostische und agnostische Heilsbewegungen gegeben, die aber selten einen institutionellen Status erreicht haben. Die Geistesgeschichte Europas wäre ohne sie undenkbar.

Schließlich bleiben die Anthroposophen, die sicherlich politisch am meisten bewirkt haben. In den 100 Jahren, die es sie jetzt gibt, haben sie Schulen in jeder größeren Stadt aufgebaut, ökologische Landwirtschaft an über 500 Gehöften betrieben, eine Bank (GLS) , mehrere Krankenhäuser und eine Genossenschaftskrankengkasse gegründet (Samarita). Wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen gehen aus der Bewegung hervor, die DM-Markt-Kette von Götz Werner, AlNatura von Götz Rehm und Weleda sind ein paar Beispiele. Auch die Software AG wurde von Anthroposophen mitbegründet und ihre Stiftung finanziert heute die Hochschule in Witten-Herdecke mit, wo es Studiengänge in Medizin (Pflege), Kulturwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften gibt. Auch hier hat sich in Deutschland eine spezielle Form einer weltweiten Bewegung geformt, der Begründer Rudolf Steiner ging innerhalb der theosophischen Bewegung (die quasi die Quelle der modernen Esoterik ist) seinen eigenen Weg, der weltweit auf starke Resonanz stieß. Der Erfolg der Anthroposophen hat ihnen von Anfang an den Ruf eingebracht, eine Sekte zu sein. Es fehlen allerdings die sektentypischen Merkmale der Missionierung und der Versuch, Mitglieder in die Abhängigkeit zu treiben.

Der Sektenbegriff ist auch allgemein problematisch, da er nicht offen diskutiert wird, sondern einseitig als Abwertende Bezeichnung für Gruppen gebraucht wird, die der christlichen Norm nicht entsprechen. Wie schnell man den Stempel „Sekte“ verpasst bekommt, macht das Beispiel des Amorc deutlich, eines Rosenkreuzerordens, der oft mit anderen verwechselt wird (http://www.tattva.de/rosenkreuzer-zur-aktuellen-sektenhetze/#more-8092). Das macht es natürlich auch für eine politische Partei schwierig, die sachlichen Argumente herauszuarbeiten. Nicht jeder Anhänger einer abweichenden Religion ist ein Sektierer und nicht jeder Esoteriker ein Weltverschwörer. Aber genau dazu sind die Violetten ja auch da – hier eine Definition zu finden und das Bewusstsein auch unter spirituellen Menschen für Politik zu wecken und die Notwendigkeit, für sein Anliegen einzustehen und sich am demokratischen Austausch zu beteiligen. Dazu kommen die vielen individuellen Menschen, die aufgrund ihrer eigenen Entwicklung sich der Spiritualität geöffnet
haben, gleichzeitig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen möchten und bei den Violetten eine politische Heimat finden.

Im Prinzip geht es um die Vernetzung von alternativen Denk- und Handelansätzen und die Schaffung von Räumen abseits von Mainstream, Gewinnabsicht, Naturzerstörung und Ignoranz, um die Pflege von Achtsamkeit, Offenheit und Kreativität.  Das „System“ macht uns zu Ausführenden seiner Macht und bedarf immer wieder des „Ausstiegs“ und der Reflexion.  Politik ist vom Grundsatz her spirituell, weil sie den Teilnehmern Fähigkeiten auf vielen Gebieten abverlangt, Menschenkenntnis (Psychologie), eine gute Konstitution, Regenerationsfähigkeit, Ausdruck, Selbstreflexion usw. Es gilt wieder daran zu erinnern, dass es kein Feld zur persönlichen Bereicherung und Ideologiebildung ist.   Bei den Violetten finden sich konservative und sozialdemokratische Menschen, liberale, ökologisch und ökonomisch orientierte, freikirchliche und christliche – ein Abbild der Gesellschaft. Es geht jeweils um das Thema und um bessere Ansätze in der Kommunikation, die sich nur langsam im Gruppenprozess entwickeln können.

 

Andreas Bleeck

Weitere Artikel vom Autor auf Violetten Seiten:

 

Spirituelle Politik ist soziale Politik:

http://www.die-ultravioletten.de/Politische%20Denkfabrik/Soziales/Spirituelle%20Politik%20ist%20soziale%20Politik

Politische Gedanken:

http://nrw.die-violetten.de/gastkommentar-andreas-bleek0313/

Glaube und Spiritualität in der Politik:

http://he.die-violetten.de/glaube-spiritualitat-und-esoterik-in-der-politik/

Interview mit Johannes Heimrath:

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Das Trennende zu einen:

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Replik auf Frank Schirrmachers Buch „Ego“

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http://www.hh-violette.de/replik-auf-frank-schirrmachers-buch-%E2%80%9Eego/

Mythos Mann:

http://www.die-ultravioletten.de/node/412

Väter von Heute:

http://www.die-ultravioletten.de/node/372

Väter in Zeiten der Krise:

http://www.hh-violette.de/vater-in-zeiten-der-krise/

 

 

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Author: hessenvorstand

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