Gründe für Violett

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Was für eine Partei müsste das sein, die eine Alternative zu den bestehenden bilden würde und nicht auf reinen Protest baut? Oft werden wir gefragt, was uns von den Grünen unterscheiden würde. Nun, die Grünen haben keinen Sinn für Spiritualität, bzw. wenn sie einen haben, dann verstecken sie ihn. Die Grünen sind auch nicht für ein Bedingungloses Grundeinkommen. Keine  regierende Partei kann unter den Voraussetzungen dieses Systems, das auf Druck und Ausbeutung baut, dafür sein. Die Grünen sind auch nicht für die Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen, obwohl sie das sein sollten. Und ihre Drogenpolitik kann auch nicht liberal genannt werden.

Vielleicht ist dies auch alles nicht machbar. Vielleicht muss die Welt Massenvernichtungswaffen haben, Spiritualität als etwas unanständiges sehen,  Druck auf Menschen ausüben und ihrem Erfahrungsurteil nicht misstrauen, welche Substanzen sie zu sich nehmen und welche nicht. Vielleicht muss dies aber alles auch nicht so sein. Vor 200 Jahren war es auch nicht vorstellbar, dass Frauen wählen, dass Arbeiter Rechte haben und Jugendliche politische Meinungen.

Man kann es Verbesserung der Menschenrechte nennen, man kann es aber auch einfach spirituell oder ganzheitlich nennen, weil es das ist, wofür diese Begriffe im positiven Sinn stehen. Ein spiritueller eingestellter Mensch schreibt anderen Menschen nicht vor, wie sie zu leben haben und misstraut auch nicht ihren Leistungsbestrebungen. Im Wort spirituell ist alles enthalten, was an Gerechtigkeit und gegenseitiger Wertschätzung notwendig ist.

Eine Partei bietet ein perfektes Erfahrungsfeld für das Üben dieser Spiritualität. Denn in keinem anderen System ist die Herausforderung daran, sich selbst treu zu bleiben, höher. Es geht darum, sich in offener Kommunikation zu üben, in Geduld mit anderen Meinungen, in der Transparenz der Entscheidungsfindungen und in der Wertschätzung aller Beiträge. Zum Teil haben die Piraten dieses Feld schon geöffnet und gezeigt, dass Parteitage mit mehr als 1000 Teilnehmern möglich sind, Diskussionen über Internet laufen können und Stars nicht notwendig sind. Doch haben sie keine wirklichen Inhalte und Visionen erarbeitet. Sie sind eher zufällig über den Protest gegen Internetsperren aus einer Generation zusammen gekommen, die von klein auf verinnerlicht hat, dass ihnen nicht viel geschenkt werden wird und Erfolg hart erarbeitet sein muss. Vor allem Männer sehen ihre Chance, über die Vernetzung und gute Computerkenntnisse einflussreiche Positionen einnehmen zu können. Das reicht aber nicht, um Politik zu machen.

Für eine neue Partei geht es immer auch darum, Menschen einzubinden, die ansonsten mit Politik nichts zu tun haben wollen, die enttäuscht sind von den rigiden Umgangsformen und den undurchlässigen Hierarchien. Protestparteien gegen den Euro entstehen seit einiger Zeit überall in Europa. Manche kooperieren mit Bewegungen wie Occupy, Campact oder Mehr Demokratie, sind aber mehr oder weniger Einzelaktionen. Eine wirkliche Bewegung hat sich aus den Protesten nicht herausgebildet.

Die Ideale der Grünen aus den 80er Jahren sind einigermaßen erfüllt worden, die Flüsse sind sauber, die Atomkraftwerke abgestellt. Es gibt ein Angebot an alternativen, biologischen Nahrungsmitteln, Fair Trade und eine Demonstrationskultur, die den Namen Kultur verdient. Aber damit ist es ja nicht getan. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung braucht es weitere Ziele, vor allem Transparenz in der Geschäftswelt, faire Arbeitsbedingungen und bezahlbaren Wohnraum. Viele Menschen können sich fair und ökologisch produzierte Produkte schlicht nicht leisten. Ihnen fehlt es immer häufiger an den einfachsten Dingen, Wasser, Strom und ein ruhiger Rückzugsraum.

Der Mittelstand, der sich für diese Ideale aus den 80ern eingesetzt hat, verarmt. Er sieht hilflos zu, wie die so mühsam geschützte Umwelt von Kapitalinteressen vernichtet wird, wie Grundeigentum privatisiert und teuer weiterverkauft wird, wie die BIO- Siegel für Zwecke des Greenwashing missbraucht werden. Er ist überarbeitet und müde und der Riss zwischen den Bevölkerungsschichten wächst, die Gewalt auf den Straßen nimmt zu, die Ghettos wachsen, wo eine Aussicht auf ein anderes Leben stirbt. Der „kleine Mann“ konditioniert sich selbst in Castingshows, verkauft seinen Körper für ein paar Euro und hält es für political correctness, brav neoliberale Freimarktregeln nachzuhängen, ohne sie zu verstehen. Alles andere wäre sozialistisch oder esoterisch.

Dies alles wiederholt sich in der Geschichte und auch ein neuer Messias wird daran nichts ändern können. Weil diese Art von religiöser Spiritualität dafür auch nicht geeignet ist. Politische Spiritualität bemisst sich am eigenen Handeln und fängt vor der eigenen Haustür an. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde jedem Menschen eine gleichberechtigte Chance auf ein würdiges Dasein eröffnen.  Niemand hätte dann mehr eine Ausrede für sein „Scheitern“. Es wäre die von der Politik geforderte Vollbeschäftigung, weil jeder seinem Gewerbe nachgehen würde, dass er für sich und sein Fortkommen als das richtige erachten würde. Arbeit gibt es ja schließlich genug und das meiste davon wird auch heute schlecht  bis gar nicht bezahlt, wie z.B. die Pflege von Angehörigen, die den Staat unter Ausbeutung von Fremdarbeitern trotzdem mehrere Milliarden Euro im Jahr kostet.

Es ist so vieles, was in unserer Welt falsch läuft. Eine rein kapitalistische organisierte Marktwirtschaft, in der humane Gründe keine Rolle spielen,  wird in ihrer Konsequenz riesige Gebiete der Armut hervorbringen, auch in Deutschland. Viele scheinen sich damit schon abgefunden zu haben und machen die Ursachen an Ausländern oder Politikern fest. Aber es sind wir selbst, die diese Konsequenzen durch unser Kauf- und Wahlverhalten hervorbringen. Es gibt Alternativen und eine davon sind die Violetten, auch wenn sie noch sehr klein sind. Veränderungen von Missständen, deren Wurzeln tausende von Jahren zurückliegen, geschehen  nicht über Nacht. Es ist ein langer Weg, der nicht einfach ist, da wir gewöhnt sind, unsere Bedürfnisse schnell zu befriedigen und Erfolg nicht lange warten darf.

Spiritualität in der Politik bedeutet konkret, die eigentlichen Werte wieder zu ihrer ursprünglichen Bedeutung zu verhelfen. Liberalität heißt, dass jeder ein soweit selbstbestimmtes Leben führen kann, wie möglich, Neoliberalismus, Chauvinismus und Überwachsungsstaat, wie ihn die FDP lebt hat mit Liberalität nichts zu tun. Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet, sich in den Zyklen mit Mutter Natur bewegen zu lernen und auf die Weisheiten der alten Völker zu vertrauen und sie wieder zu erlernen. Davon steht im Wahlprogramm der Grünen gar nichts. Arbeiterwohlfahrt bedeutet, dass jeder Mensch, der einer regulären Tätigkeit nachgeht, von dieser leben können muss, auch im Krankheitsfall. Das hat die SPD mit ihren Hartz IV Gesetzen abgeschafft. Und Tradition als Wert bedeutet schließlich, den humanistischen Grundlagen europäischer Kultur zu folgen und die Gleichberechtigung der Menschen ohne Ansehen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe und ihrer geschlechtlichen Gesinnung. Überflüssig zu sagen, dass CDU/CSU mit diesen Werten überhaupt nichts anfangen können. Sie bewegen sich ähnlich dem Gebot amerikanischer Hardliner auf einer alttestamentarischen Schiene, die die Aufklärung für Gotteslästerung hält.

Es gibt also genug zu tun und man muss es auch nicht spirituell nennen, denn wer „spirituelle“ Politik machen will, der muss versuchen spiritueller als der andere zu sein und die Paradoxität solch eines Tuns läge auf der Hand. Aber der Widerspruch ist in der Politik nicht zu umgehen, die Liberalen sind nicht liberaler als die anderen, die christlichen nicht christlicher, die sozialdemokratischen nicht sozialer und die Grünen nicht nachhaltiger. Die Hauptsache ist, dass man es versucht.

Andreas Bleeck

 

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Author: hessenvorstand

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